Gut 50 Prozent der arbeitenden Bevölkerung haben in den ersten Tagen des Urlaubs mit grippeähnlichen Symptomen zu tun. Menschen werden krank, wenn sie sich entspannen. Das beobachten Psychologen seit Jahren. Generell ist der Ablauf immer der Gleiche: Sobald die Betroffenen ein wenig Freizeit haben und der alltägliche Druck nachlässt, beginnt es im Hals zu kribbeln, im Kopf zu dröhnen, und eine Erkältung bahnt sich an.
Leisure Sickness, wie sich dieses Leiden im Fachjargon nennt, ist ein Alarmsignal für zu viel Stress. Die niederländischen Wissenschaftler, welche dem Phänomen seinen Namen gaben, haben im Rahmen ihrer Studien beobachtet, dass die Freizeit-Krankheit vor allem die Urlauber befällt, die im Arbeitsleben ein hohes Maß an Arbeitszeit und Verantwortung zu tragen haben. Psychologen sind der Meinung, dass auch Bewegungsmangel und eine gestresste Lebensweise zusätzliche Auslöser sind.
Um auf Reisen gesund zu bleiben, brauchen wir einen harmonischen Wechsel von Anspannung und Entspannung. Während ein Teil unseres Nervensystems namens „Sympathikus“ in Phasen hoher Anspannung aktiv wird und für die Versorgung von Sauerstoff und Energie sorgt, fährt der andere Teil, der „Parasympathikus“, den Körper in Phasen der Entspannung wieder herunter. Wenn dieses Zusammenspiel beeinträchtigt ist, fühlt sich der Betroffene auch im Ruhezustand gehetzt und angespannt. Stresshormone wie das Cortisol sind im Blut in diesen Fällen häufig dauerhaft erhöht, und das gesamte Nervensystem wird in Mitleidenschaft gezogen. Erhöhter Blutdruck, Schlafstörungen, übermäßiges Schwitzen und Kurzatmigkeit sind typische und ernst zu nehmende Anzeichen.
Der Körper fährt die Immunabwehr auf ein Höchstniveau, wenn er unter Stress steht. Nach plötzlicher Stress-Reduktion sinkt die Zahl der Immunzellen und fällt dabei auch durchaus unter das Ausgangsniveau. Bildlich gesprochen lässt in dieser Phase das Immunsystem im Körper „ein Fenster offen“, durch das Krankheitserreger in den Organismus eindringen können. Der Begriff des „Open-Window-Phänomens“ stammt ursprünglich aus der Sportmedizin. Hier sind die infektanfälligen Phasen in den Stunden / Tagen nach langen körperlichen und psychischen Belastungen schon lange bekannt. Doch auch wer beruflich unter Dauerstress steht, registriert in den Ruhephasen zunächst eine ungewohnte Müdigkeit und dann Symptome, die von Müdigkeit und Immunschwäche über Migräne, Gliederschmerzen, grippale Infekte bis zu Magen-Darm-Beschwerden reichen können. Zudem treten in den Ruhephasen all die seelischen Probleme hervor, die sonst unter dem Deckel der Betriebsamkeit versteckt bleiben.